Manchmal liegt London näher als man will
 
 
 
20.06.2017    Auch wenn man es im Ausmaß überhaupt nicht vergleichen kann, Unglücke wie kürzlich in London sind auch bei uns nicht auszuschließen.
Brennende Fassaden, die binnen Minuten vom Erdgeschoss bis ins Dach vordringen können, auch das ist hier durchaus möglich. Unsere Häuser hier im ländlichem Raum sind natürlich nicht so hoch und dadurch die möglichen Opferzahlen auch wesentlich niedriger, doch die Summe aller ungünstigen Umstände kann auch hierzulande zu unkalkulierbaren Unglücken führen. Vor allem ältere sanierte Gebäude haben auch Fassaden, die zwar als schwer entflammbar gelten, doch wenn sie brennen, dann....

Doch es sind noch eine Vielzahl ganz anderer Umstände, die den Kameraden der Feuerwehren Kopfschmerzen bereiten.
Dazu gehört ganz vorn der Personalmangel, der flächendeckend zu verzeichnen ist. Immer weniger Einsatzkräfte haben immer mehr Arbeit - ein riskanter Teufelskreis, der schlussendlich nun in Schleiz zur Abkehr von weiteren zusätzlichen freiwilligen (nicht feuerwehrspezifischen) Leistungen führte.
Dazu gehören aber auch Umstände, die trotz allen Bauvorschriften den Einsatzkräften das Leben schwer machen. Bestandschutz, zu enge oder zugeparkte Straßen, Dachausbauten, eine immer stärkere Wärmedämmung der Wohnungen sowie neue Fahrstuhlanlagen, das sind alles Dinge, die es früher nicht so gab. Und dann noch fehlendes Löschwasser, da rechnet sich alles zusammen, was früher oder später zum Unglück führen wird. Letzteres möchte nun auch die Stadt Schleiz endlich in Angriff nehmen, nachdem das schon über Jahre von den Kameraden der Feuerwehr bemängelt wurde. Es ist unbestreitbar vor allem Aufgabe einer Kommune und wird schlussendlich auch viel Geld kosten. Doch es nutzt niemanden was, wenn man Häuser, Turnhallen, Krankenhäuser, Altenheime oder Firmen erbaut oder saniert, wenn man sie am Ende nicht schützen kann.

Lesen Sie daher den folgenden Artikel der OTZ
 

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OTZ- Bericht vom 20.06.2017 (Red. Peter Cissek)

Brandgefährlich: Schleiz mangelt es an Löschwasser

 

Stadtbrandmeister Ronny Schuberth weist auf einen miserablen Zustand hin. Konzept soll erarbeitet werden.

Schleiz. Die Löschwasserversorgung im Schleizer Stadtgebiet hat sich seit 1989 deutlich verschlechtert. „Wer übernimmt die Verantwortung, wenn wegen Löschwassermangel Menschen sterben oder verletzt werden“, fragte der Schleizer Stadtbrandmeister Ronny Schuberth in der jüngsten Sitzung die Mitglieder des Stadtrates. Er erinnerte daran, dass die Stadt verantwortlich sei.

Der gesetzlich vorgeschriebene Grundschutz, dass um jedes Gebäude innerhalb von 300 Metern in der Siedlungsbebauung 96 Kubikmeter Löschwasservorrat im Zeitraum von zwei Stunden bereitstehen müssen, sei in Schleiz oftmals nicht gegeben. Um Sonderbauten, wovon es in Schleiz rund 50 gibt, müsste der Mindestvorrat an Löschwasser 192 Kubikmeter in 120 Minuten betragen, verdeutlichte Schuberth.

Nach Worten des Stadtbrandmeisters müsste demnach die Grundschule „Johann Friedrich Böttger“ in Schleiz sofort geschlossen werden, weil hier innerhalb von zwei Stunden nur 64 anstatt 192 Kubikmeter Löschwasser verfügbar wären. Die Wasserentnahmestelle an der Wisenta sei mit rund 850 Metern zu weit weg und führe zudem oft zu wenig Wasser. Die Zisterne in der Brunnengasse befinde sich in Privatbesitz und mit 450 Metern ebenfalls zu weit weg.

Ähnlich verhalte es sich mit dem Gymnasium oder gar mit dem Atriumhaus, in dem viele gehbehinderte Menschen leben. Schlimm sei die Situation für das Wohnheim des sonderpädagogischen Zentrums der Herbert-Feuchte-Stiftung in der Fröbelstraße. Hier sei die Wasserentnahmestelle an der Wisenta mit rund 900 Metern zu weit weg, ebenso die 400 Meter entfernte, in Privatbesitz befindliche Zisterne in der Brunnengasse. Darüber hinaus sei das Gelände mit Tanklöschfahrzeugen kaum zu erreichen. Vielerorts gäbe es auch keine oder keine funktionsfähigen Hydranten.

Schleiz sei in den vergangenen Monaten zwei Mal nur knapp Katastrophen entgangen, so Schuberth. Als am 30. März eine Lagerhalle der Sondermüll-Entsorgungsfirma Remondis im Industriegebiet Oschitz brannte, war nicht die Durchzündung das größte Problem der Einsatzkräfte, sondern das fehlende Löschwasser in der Nähe. Die Feuerwehren griffen auf einen 800 Meter entfernten Privatteich im Ziegeleiweg zu und mussten dafür eine Wegestrecke bestehend aus 80 B-Rollschläuche aufbauen. „Wir haben etwa die dreifache Zeit benötigt, als es vorgeschrieben ist. In dieser Zeit waren unsere ehrenamtlichen Einsatzkräfte gefährdet. Denn vor Ort war es so heiß, dass selbst die Plasteteile an den Einsatzfahrzeugen schmolzen. Wir hatten auch die dreifache Zeit für Abbau, Reinigung und Prüfung des Materials aufzubringen“, sagte der Stadtbrandmeister. Glück habe Schleiz auch gehabt, als es am 23. April im Wohnhaus im einstigen Hotel Schleizer Hof brannte und das Feuer nicht auf Nachbargebäude übersprang, weil es sich durch geplatzte Wasserleitungen größtenteils selbst löschte. Denn die zwei Unterflurhydranten in der Fahrbahn waren trotz der intensiven Bemühungen der Feuerwehr nicht zu öffnen.

Dank einer Seminararbeit von Schleizer Regelschülern habe die Feuerwehr nun eine Arbeitsgrundlage, die die 301 bisher gefundenen Wasserentnahmestellen auflistet. Dazu zählen 13 Saugstellen meist an der Wisenta, von denen sieben nicht und sechs nur eingeschränkt verwendbar sind. Denn die effektiv nutzbare Wassertiefe von 50 Zentimetern werde meist nicht erreicht. Oftmals betrage diese weniger als 20 Zentimeter. Von den Oberflurhydranten seien 32 verwendbar, zwei nur eingeschränkt und sieben nicht einsatzbereit. Von den sechs Zisternen sei nur eine eingeschränkt verwendbar.

Von den 225 Unterflurhydranten seien 116 nutzbar. Etwa die Hälfte dieser Hydranten seien vermutlich nicht verwendbar, weil die Hydrantendeckel auf der Fahrbahn festgefahren seien und sich nicht öffnen ließen. Außerdem fehle bei etwa 40 Prozent der Unterflurhydranten die Beschilderung zum Auffinden.

Ronny Schuberth schlug der Stadt Schleiz vor, Vereinbarungen mit dem Zweckverband Wasser/Abwasser Obere Saale zu schließen und bei Bauarbeiten die Unterflurhydranten auf städtische Kosten von der Straßenmitte in den Gehweg zu verlagern. Mit einem Notfallplan sollen zunächst 50 funktionsfähige Hydranten errichtet werden. Ferner plädierte er für eine kurzfristige Sicherstellung von Löschwasser in vorhandenen Systemen, zum Beispiel durch das Schlämmen und Abdichten des Löschwasserteichs Langenbuch sowie durch eine vertragliche Vereinbarung mit dem Eigentümer der Zisterne in der Brunnengasse. Die wichtigste Maßnahme sei die Erstellung eines Löschwasserkonzeptes für Schleiz und Ortsteile, welches die Planung und den Bau von Zisternen und Ersatzmaßnahmen für die weggefallenen Wehre in der Kernstadt vorsieht.

Bürgermeister Juergen K. Klimpke (SPD) sagte, dass die Stadt Schleiz ein Planungsbüro mit der Erstellung eines solchen Konzeptes beauftragen werde.

 

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Jetzt ist Handeln angesagt: Peter Cissek zur Löschwasserversorgung in Schleiz

Die verheerenden Waldbrände derzeit in Portugal oder der Hochhausbrand vergangene Woche in London zeigen, wie schnell sich Feuer ausbreiten können und alles vernichten. Inklusive vieler Todesopfer.

In solchen Momenten ist es schlimm, wenn die Feuerwehr dem machtlos gegenübersteht, weil beispielsweise nicht ausreichend Löschwasser vorhanden ist.

Es wird höchste Zeit, dass wieder ein erträglicher Zustand bei der Löschwasserversorgung in Schleiz hergestellt wird. Jetzt ist Handeln angesagt.

Denn sollte es ein verheerendes Feuer in der Böttgerschule oder im Atriumhaus mit den vielen gehbehinderten Bewohnern geben, wäre das eine Katastrophe wie derzeit in Portugal oder letztens in London. Das Geschrei wäre groß. Dann können sich zuständige Politiker ihre Sonntagsreden sparen, in denen sie verkünden, alles auf den Prüfstand stellen und die Situation verbessern zu wollen.

Stadtbrandmeister Ronny Schuberth hat im Schleizer Stadtrat einen Weckruf gestartet. Nun ist es an der Zeit, ­aufzuwachen. Denn die Löschwasserversorgung ist eine der wichtigsten Aufgaben in der Rennstadt, die es in nächster Zeit zu lösen gilt.