Richter in Bad Lobenstein setzt klares Zeichen: Einsatzkräfte beleidigt man nicht! |
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Während seit dem 31.08.2022 die Einsatzkräfte der Schleizer Feuerwehr
vergebens auf eine öffentliche Verurteilung der Beleidigungen von einen
"Demonstranten" durch ihren Dienstherrn aber auch anderer
Kommunalpolitiker warten, hat nun ein Richter am Amtsgericht Bad
Lobenstein ein deutliches Zeichen im Sinne aller Rettungskräfte gesetzt. Nach Strafanzeige durch drei Einsatzkräfte der Schleizer Feuerwehr wurde ein Bürger mit einer offenbar "Reichsbürgerlichen Gesinnung" zu einer Geldstrafe von 800 € plus Gerichtskosten wegen Beleidigung in "drei tateinheitlichen Fällen" verurteilt. Die Staatsanwältin und auch der Richter sahen keine Zweifel daran, dass die Beleidigung der Einsatzkräfte, die zu einer ausgelösten Brandmeldeanlage ins Schleizer Klinikum eilten, strafrechtlich geahndet werden muss. Für die Einsatzkräfte geht es vor allem um das deutliche Zeichen, was nun der Richter gegen Beleidigungen und Gewalt gesetzt hat. Es ist im Sinne aller Rettungskräfte, dass sie trotz unterschiedlichen Meinungen, Gesinnungen oder Herkünften von Menschen jederzeit ungehindert ihrer Arbeit nachkommen können, egal ob sie das im Hauptamt oder Ehrenamt tun. |
Bericht der OTZ vom 29.03.2023 |
"Stinkefinger" für die Schleizer Feuerwehr |
Beleidigungen muss sich niemand gefallen lassen. Und schon gar nicht,
wenn man auch noch ehrenamtlich im Dienste der Gesellschaft unterwegs
ist, wie es Feuerwehrleute tun. Dies wurde jetzt bei einem
Gerichtsprozess in Bad Lobenstein einem 69-jährigen Mann aus Oettersdorf
deutlich gemacht.
Der Angeklagte hat offenbar aber nicht nur ein Problem mit Sitte und
Anstand, sondern mit dem Rechtsstaat insgesamt. Zunächst übergab er dem
Richter seine Patientenverfügung, dann fragte er ständig, ob er sich vor
einem „staatlichen hoheitlichen Gericht“ befände, und verlangte
wiederholt nach einem „Amtsausweis“. Es war das übliche Geschwurbel aus
der Reichsbürgerszene, die seit Monaten gemeinsam mit Querdenkern und
AfD-Politikern regelmäßig Aufzüge in Schleiz veranstaltet. So auch am
Abend des 31. August vorigen Jahres.
Wieder stand man gemeinsam vor dem Landratsamt in Schleiz, in dessen
unmittelbarer Nachbarschaft sich das Feuerwehr-Gerätehaus befindet.
Gegen 19 Uhr gab es einen Alarm durch die Brandmeldeanlage im
Krankenhaus Schleiz. Als die Feuerwehrleute mit Blaulicht und
Martinshorn ausrückten, hielt es der Angeklagte für angebracht, den
Einsatzkräften mit „Stinkefinger“ und Wischergeste seine Missachtung zu
bekunden.
Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen warf die Staatsanwaltschaft
dem Angeklagten vor. Denn seine Geste galt den Fahrern der drei
Einsatzfahrzeuge. Im Stehen hörte sich der Angeklagte das Verlesen des
Strafbefehls an, gegen den er Einspruch eingelegt hatte, worauf es zu
dieser Hauptverhandlung kam.
„Ich bin höflich zu Ihnen und erwarte auch von Ihnen einen gewissen
Anstand, nicht mehr und nicht weniger“, wurde Richter Jürgen Leitloff
deutlich, nachdem der Angeklagte abermals sinnfreie Fragen zur
Zuständigkeit des Gerichts stellte und wissen wollte, „welche Rolle“
Staatsanwältin und Richter „spielen“ würden. Den kompletten
Prozessverlauf blieb er bockig stehen, statt den ihm zugewiesenen Platz
auf der Anklagebank einzunehmen.
Das Gericht ließ sich von derartigen Kindereien freilich nicht
beeindrucken und stieg in die Beweisaufnahme ein. Der Schleizer
Stadtbrandmeister Ronny Hofmann schilderte als Zeuge, wie die
beleidigenden Gesten „mehr als deutlich gezeigt“ worden seien.
Nachdem sich die Brandmeldung aus dem Krankenhaus als Fehlalarm erwiesen
hatte, sei mit der Polizei Kontakt aufgenommen worden, um eine
Identitätsfeststellung des Täters zwecks Strafanzeige vorzunehmen. Ob er
eine Idee habe, weshalb der Angeklagte die Feuerwehrleute beleidigen
wollte, fragte Staatsanwältin Karola Glöck. Worauf der Stadtbrandmeister
auf das Problem verwies, dass diese regelmäßigen Aufzüge neben dem
Gerätehaus stattfinden, weshalb man immer wieder alle Seiten
aufgefordert habe, rücksichtsvoll zueinander zu sein. Die Feuerwehr
selbst habe sich stets neutral bei den Corona-Protesten verhalten
gehabt.
In den einschlägigen Internetkanälen hatten die Querdenker unterstellt,
dass die Einsatzfahrzeuge ausrücken würden, um deren Veranstaltungen zu
stören. Auch an diesem Abend entstand ein langes Video, in dem das
AfD-Vorstandsmitglied Hartmut Lucas bei diesem haltlosen Geschwurbel
mitmischte. „Gerade bei einem Alarm im Krankenhaus muss es zügig gehen“,
begründete der Stadtbrandmeister den Einsatz des Sondersignals.
Auch die beiden anderen Fahrzeugführer der Feuerwehr bestätigten als
Zeugen, dass die beleidigenden Gesten deutlich ihnen gelten sollten. Der
Angeklagte selbst wollte sich zum Tatvorwurf nicht äußern. Dafür brachte
er eine bunte Palette an Vorstrafen mit. Dazu gehörten Delikte wie
versuchte Körperverletzung, Diebstahl, Sachbeschädigung, Beleidigung und
Nötigung. Sogar eine Freiheitsstrafe war gegen ihn bereits verhängt
worden.
Für die Staatsanwaltschaft galt der Tatvorwurf aufgrund der
Beweisaufnahme für erwiesen. „Der Angeklagte hat seine Missachtung
gegenüber den Feuerwehrleuten zum Ausdruck gebracht“, so ihr Fazit.
Angesichts der Vorstrafen beantragte sie eine Geldstrafe von 50
Tagessätzen zu je 22 Euro, also insgesamt 1100 Euro. In seinem letzten
Wort vor der Urteilsfindung äußerte der Angeklagte, er habe seinen
Stinkefinger gegen die Feuerwehrleute gezeigt, wie diese ihm den
Stinkefinger gezeigt hätten.
Das Gericht blieb etwas unter dem Antrag und verhängte mit Rücksicht auf
die Einkommenssituation des Rentners eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen
zu je 20 Euro, also insgesamt 800 Euro. Die Feuerwehr ist auch für den
Angeklagten da, wenn er Hilfe benötigt, versuchte der Richter dem
Rentner ins Gewissen zu reden, um über sein Tun einmal nachzudenken. Das
Urteil ist noch nicht rechtskräftig. |